noPAG-Bündnis verurteilt Verletzung von Demonstrationsrechten

Demonstranten in Freilassing in Polizeigewahrsam genommen und an Demo-Teilnahme gehindert; Fall offenbart die Gefahren staatlicher Repression

Freilassing/Salzburg. Die Bundespolizei hat gestern eine Regionalbahn mit Demonstranten und Demonstrantinnen auf dem Weg zu Protesten in Salzburg aufgehalten – und mindestens 15 Personen präventiv in Polizeigewahrsam genommen. Das noPAG-Bündnis verurteilt diesen Eingriff in elementare Grundrechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit aufs Schärfste.

Gegen 10 Uhr vormittags wurde eine vollbesetzte Regionalbahn mehrere Stunden am Bahnhof Freilassing aufgehalten. Im Anschluss kontrollierte die Polizei mehr als 50 Personen, die von der Polizei als Demonstrierende gegen den EU-Gipfel verstanden wurden. Auf der Basis fragwürdiger Begründungen wurden in Folge dieser Maßnahme mehr als 15 Personen – darunter auch Personen, die sich in unserem Bündnis engagieren – in Gewahrsam genommen und zum Teil über 11 Stunden festgehalten. Die betroffenen Personen bekamen zudem ein Ausreiseverbot ausgesprochen. Selbst die Personen, die nicht in Gewahrsam genommen wurden, kamen durch die Maßnahmen Stunden später als geplant an und konnten damit ihre Rechte nicht angemessen wahrnehmen. Der Zugverkehr zwischen München und Salzburg war zeitweise massiv beeinträchtigt.

Aus Sicht des noPAG-Bündnisses ist dieser Eingriff eine Verletzung von Grundrechten, die eindeutig vor Augen führt, wohin die ständige Ausweitung von Überwachung und Kontrolle führen kann, für die das neue PAG zum Symbol geworden ist – auch wenn in diesem Fall nicht das bayerische PAG, sondern das Bundespolizeigesetz zur Anwendung kam. „Die Polizei sperrt Leute ein, um deren Teilnahme an einer angemeldeten Demonstration zu verhindern. Sie verweist dabei auf fadenscheinige Indizien und angeblich in der Zukunft stattfindende Straftaten. Das erinnert an autoritäre Regime wie in der Türkei oder Russland – eine Zukunftsvision, die dringend verhindert werden muss.“ Sagt Laura Pöhler, Pressesprecherin des noPAG-Bündnisses.

Wie Frederick Heussner, Pressesprecher des noPAG-Bündnisses, hinzufügt, kann man den Fall nicht isoliert betrachten: ‚Wie die am gleichen Tag stattfindende Inhaftierung eines prokurdischen Aktivisten in München zeigt, geht es um einen generellen Trend hin zu mehr staatlicher Repression, der in Bayern besonders ausgeprägt ist. Auch die Debatte um Hans-Georg Maaßen und die Zusammenarbeit der CSU mit den zumindest in Teilen rechtsradikalen Regierungen in Österreich, Ungarn und Italien zeigen eindrucksvoll wie die Trennlinie zwischen dem konservativen Bürgertum und der extremen Rechten immer weiter verschwimmt. Diesem Trend muss entschieden entgegen getreten werden. Jetzt Gilt’s.“

Das noPAG-Bündnis setzt sich weiter gegen den Rechtsruck und eine von Angst, Kontrolle und Überwachung geprägte Gesellschaft ein: Am 3.10. veranstaltet das noPAG-Bündnis gemeinsam mit #ausgehetzt zur Großdemonstration ‚Jetzt Gilt’s – Gemeinsam gegen die Politik der Angst‘ am Odeonsplatz in München, um vor der Landtagswahl den unmissverständlichen Widerspruch gegen den grassierenden Rechtsruck und autoritäre Tendenzen zum Ausdruck zu bringen.

Für Informationen zu dieser Demonstration lädt das Bündnis #noPAG am 25.09.2018 um 10:30 zu einer Pressekonferenz ins Bellevue di Monaco, auf der auch die jüngsten Ereignisse zur Sprache kommen werden. Die Presseeinladung zu der Veranstaltung finden sie im Anhang.

Pressemitteilung: Demonstration „Jetzt gilt’s“ am 03.10.2018

#noPAG und #ausgehetzt rufen gemeinsam auf
Großdemonstration am 3. Oktober 2018 in München
Jetzt gilt’s
Gemeinsam gegen die Politik der Angst

Angesichts der schockierenden Eskalation von Hass, rechter Hetze und Gewalt haben sich das Bündnis gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz (noPAG) und der Organisator*innenkreis der #ausgehetzt-Demo zusammengefunden um am Mittwoch, den 3. Oktober 2018 um 13 Uhr zur Großdemonstration ‚Jetzt gilt’s‘ am Münchener Odeonsplatz aufzurufen. Die Demonstration soll ein unmissverständliches Zeichen setzen, dass die Bevölkerung weder die Verschärfungen des Polizeirechts noch andere Ausdrücke des gesellschaftlichen Rechtsrucks hinnehmen wird.

„Wir von #ausgehetzt freuen uns gerade angesichts der dramatischen Ereignisse der vergangenen Wochen, uns gemeinsam mit dem noPAG-Bündnis diesen beängstigenden Entwicklungen entgegenzustellen“, sagt Thomas Lechner, Co-Organisator der #ausgehetzt-Demo und neu im Orga-Kreis des noPAG-Bündnisses. „Bezeichnend ist auch, dass es sich bei den elf Menschen, die seit Einführung der ‚Unendlichkeitshaft‘ länger als 14 Tage in Polizeigewahrsam zubringen mussten, ausschließlich um Geflüchtete handelt,“ fährt er fort. „Das zeigt, warum noPAG und ausgehetzt zusammengehören.“ Die großen Proteste gegen das Polizeiaufgabengesetz am 10. Mai und die ausgehetzt-Demo vom 22. Juli, etliche weitere Proteste – zuletzt #Seebrücke, #wirsindmehr aber auch die Demonstrationen gegen AfD-Wahlkampfveranstaltungen in und um München am letzten Wochenende – haben gezeigt, dass ein Großteil der Bevölkerung sich nicht mehr mit der Politik der Angst und des Hasses abfinden wird.

Ziel der Demonstration ist es an diesen Sommer des Widerstands anzuknüpfen und am 03. Oktober abermals unseren Widerstand gegen den Rechtsruck und autoritäre Tendenzen auf die Straße zu tragen. Statt sich dem zynischen Wettbewerb von AfD und CSU anzuschließen, die versuchen sich gegenseitig rechts zu überholen, tritt das Bündnis #noPAG für eine offene und solidarische Gesellschaft ein, in der Menschenrechte unteilbar und vielfältige und selbstbestimmte Lebensentwürfe selbstverständlich sind. Laura Pöhler, Sprecherin des noPAG-Bündnis, erklärt: „Die Verabschiedung des neuen Polizeiaufgabengesetzes durch den bayerischen Landtag ist ein weiterer Schritt in Richtung einer autoritären Gesellschaft. Diesen Verhältnissen und der dramatischen Gefahr von Rechts stellen wir uns entschieden entgegen. Der derzeitige Zustand in Bayern ist unhaltbar.“

Solidaritätserklärung mit kurdischen Aktivisten

Vergangene Woche kam es in München zu Hausdurchsuchungen bei den Aktivisten Azad Bingöl und Hrzwan Abdal, die auch im noPAG-Bündnis aktiv sind. Hintergrund der Durchsuchungen ist der Vorwurf, die (in Deutschland nicht verbotenen) Fahnen der kurdischen Volksverteidigungseinheiten YPJ und YPG auf verschiedenen Demonstrationen gezeigt zu haben – unter anderem auf der Demonstration der noPag-Jugend am 04.05.2018. Wir lehnen den massiven Eingriff in die Privatssphäre Bingöls und Abdals ab. Die Durchsuchungen sind nicht nur im Einzelfall juristisch fragwürdig, sondern ein weiterer Ausdruck der Kriminalisierung der kurdischen Bewegung in Deutschland. Außerdem zeigt sich hier wieder die traurige ‚Vorreiterrolle‘ Bayerns in Sachen Repression und Überwachung:
Während in anderen Bundesländern bereits mehrfach Verfahren eingestellt wurden, bei denen es um das Zeigen der oben genannten Symbole ging, gehen die Angriffe auf die kurdische Bewegung in Bayern stetig weiter.

Abdal und Bingöl haben die Proteste gegen das neue PAG sowie die Bündnisarbeit in den letzten Monaten mitgetragen und -gestaltet. Die Mitarbeit der Aktivisten im Bündnis gegen das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz haben entschieden zur Form und dem Erfolg der Proteste in den vergangenen Monaten beigetragen. Das Bündnis bedankt sich bei den Aktivisten für ihr Engagement, erklärt seine Solidarität mit ihnen und fordert die deutschen Behörden auf, die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung einzustellen.